Die „The Last of Us“-Serie wirft tatsächlich den Ablauf des Spiels über den Haufen – und raubt damit dem eigentlichen Finale seine Wirkung.
– Achtung: Es folgen Spoiler zu Staffel 2, Folge 6 von „The Last of Us“! –
Adaptionen laden natürlich dazu ein, sie mit dem Original zu vergleichen. Meist lässt sich dabei eine interessante Dynamik beobachten: Welche Version man besser findet, hängt oftmals stark davon ab, welche man zuerst gesehen hat. Dies ist aktuell auch bei „The Last of Us“ Staffel 2 in unserer Redaktion der Fall.
Meine Kollegin Anne hat zum Beispiel zuerst die Serie gesehen und sich danach das Spiel zu Gemüte geführt, bei mir war es genau andersherum. Das dürfte entscheidend dazu beitragen, warum sie die gravierenden Änderungen in der aktuellen Folge 6 liebt – und warum ich die neue Version im Gegensatz zu ihr wahrlich nicht mag.
Dabei habe ich grundsätzlich kein Problem mit Änderungen. Ich verstehe natürlich, dass bei der Übertragung einer Geschichte in ein anderes Medium nicht alles identisch bleiben kann. Schwierig wird es allerdings dann, wenn fundamentale Aspekte verändert werden; nicht ohne Grund habe ich mich bereits über die gravierenden Abweichungen bei Ellies Charakter beklagt:
Auch die Veranda-Szene in Folge 6 stieß mir jetzt sauer auf. Bella Ramsay und Pedro Pascal spielen sie natürlich großartig und der Moment als solcher ist ein emotionaler Schlag in die Magengrube. Nicht ohne Grund rührt er mich im Spiel jedes Mal wieder zu Tränen. Das Problem ist allerdings: Im Original kommt diese Sequenz erst ganz am Ende der Geschichte – und das aus einem äußerst guten Grund.
Denn das finale Gespräch zwischen Joel und Ellie diente im Spiel „The Last of Us: Part II“ als Schlüssel, um die Bedeutung der gesamten Handlung und vor allem Ellies Verhalten zu verstehen. Erst dort wurde im Spiel schließlich enthüllt, dass sie Joel tatsächlich verzeihen wollte. Bis dahin ging man davon aus, dass Ellie Abby jagte, um einfach nur Rache für Joels Tod zu verüben.
Doch die Rückblick-Überraschung am Ende verriet, dass Ellies Trauma zu einem großen Teil daraus rührte, dass sie wieder eine Beziehung zu Joel aufbauen wollte und Abby ihr diese Chance geraubt hatte. Die Geschichte dreht sich also nicht nur schlicht um Rache, sondern vor allem um den unverarbeiteten Verlust ihrer Vaterfigur und ihres komplizierten Verhältnisses zu ihm.
Könnte die Pilz-Apokalypse auch in unserer Welt ausbrechen? Unser Video liefert euch die Antwort:
Die „The Last of Us“-Serie stellt sich selbst vor ein großes Problem
– Achtung: Es folgen Spoiler für das Ende von „The Last of Us: Part II“! –
Um deutlich zu machen, dass Ellie am Ende endlich bereit ist, sich diesem Schock wirklich zu stellen, ist die Platzierung der Szene so entscheidend. Denn das Veranda-Gespräch wird im Spiel erstmals angedeutet, als Ellie gerade dabei ist, ihre Rache zu bekommen. Dass sie letztlich davon ablässt, Abby zu töten, hängt entscheidend damit zusammen, dass sie sich genau in diesem Moment an ihre letzte Unterhaltung mit Joel erinnert. Genau wie sie versucht hat, ihm zu vergeben, vergibt sie letztlich Abby und ist dadurch endlich bereit, ihr Trauma aufzuarbeiten.
Diesen Kniff hat sich die Serie jetzt ruiniert, da die Veranda-Szene eben schon deutlich früher enthüllt wurde. Die Frage ist: Wie will „The Last of Us“ Staffel 3 oder eventuell gar Staffel 4 das Dilemma künftig lösen, wenn Ellie dabei ist, Abby zu töten und letztlich von ihr ablässt?
Zaubert man eine weitere Enthüllung über die Beziehung von Joel und Ellie aus dem Hut? Wohl kaum, denn die Veranda-Szene wirkt rückblickend gerade so emotional niederschmetternd, weil es eben ihr letztes Gespräch war. Nutzt man die Szene trotzdem als Erinnerung von Ellie im entscheidenden Moment? Das hätte wahrlich nicht dieselbe Wirkung wie im Spiel, wo uns der Rückblick eben völlig kalt erwischte.
Aktuell sehe ich schlicht keine zufriedenstellende Lösung für dieses selbst geschaffene Problem, weswegen die neueste Folge einen bitteren Nachgeschmack bei mir hinterlässt. Ich lasse mich aber natürlich gerne eines Besseren belehren. Bis die Serie die Chance dazu hat, dürfte es noch ein paar Jahre dauern. Zunächst erwartet uns ohnehin noch das Finale von „The Last of Us“ Staffel 2 am 26. Mai 2025, das ihr bei WOW und Sky sehen könnt.