Die wahre Geschichte hinter dem Internet-Phänomen „Slender Man”

Am 10. Juni 2009 fing alles an: Ein Mann namens Eric Knudsen veröffentlichte unter dem Pseudonym Victor Sude zwei Fotos auf der amerikanischen Webseite Something Awful. Hintergrund der Veröffentlichung war ein Fotowettbewerb: Die wurden dazu angehalten, modifizierte Fotos einzureichen, auf denen paranormale Figuren zu sehen sind. Knudsen taufte seine Figur anfangs schlicht „The Slender Man“ und ahnte damals noch nicht, dass er im Begriff war, eines der gruseligsten Internet-Phänomene aller Zeiten zu erschaffen.

Die zwei für den Wettbewerb eingereichten Fotos zeigten Kinder sowie eine schattenhafte, dünne Gestalt im Hintergrund, die nur schemenhaft zu erkennen ist. Eric Knudsen gab an, seine beiden Fotos sollten Angst und Terror verbreiten, ohne den Betrachtern ein fassbares Motiv zu liefern.

Bereits kurz nach der Veröffentlichung der beiden Bilder verbreitete sich „Slender Man“ rasend schnell im Netz und die gruselige Gestalt wurde zu einem riesigen Internet-Phänomen, zu dem zahlreiche anonyme Nutzer ihre eigenen Geschichten, Bilder und Videos beisteuerten. Videos, die den Slender Man zeigen sollten, erreichten auf YouTube in kürzester Zeit Aufrufzahen von bis zu 500.000 Views.

Glaubt man dem Internetmythos, hält sich Slender Man bevorzugt nachts in dunklen Wäldern oder Parks auf. Er ist eine hochgewachsene, dünne humanoide Figur und trägt ausschließlich Anzug. Sein Kopf ist weiß und weist kaum Gesichtszüge auf. Er agiert vollkommen lautlos und kann sich von einem Ort zum anderen teleportieren, ohne seinen Körper bewegen zu müssen. Seine Opfer beobachtet und verfolgt er eine Zeit lang, bis er sie anschließend zu Tode hetzt oder sie einfängt und dann tötet.

Viele behaupten, Slender Man gäbe es schon länger, nämlich genau genommen seit 1986. In diesem Jahr soll die gruselige Gestalt erstmals entdeckt worden sein. Nach einem Brand in einer Bibliothek in Schottland, fanden die Polizisten dort ein Foto, auf dem Slender Man bereits zu sehen gewesen sein soll. Andere Quellen behaupten jedoch, die Figur existiere bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Zu der Zeit habe es bereits Bilder von Fabrikarbeitern gegeben, auf denen Slender Man im Hintergrund erkennbar sei.

Vor allem aber ist Slender Man dafür bekannt, Kinder zu entführen und seine Opfer daraufhin zu grausamen Taten anzustiften. Alles bloß ein Mythos und pure Fiktion? – Ja, und dennoch inspirierte das Inernet-Phänomen bereits grausame Verbrechen und sieht sich deswegen harscher Kritik ausgesetzt.

Im Jahr 2014 ereignete sich ein schrecklicher Vorfall, bei dem ein junges Mädchen versucht hatte, ihre Mitschülerin umzubringen, weil sie sich laut eigener Aussage durch Slender Man zu der Tat genötigt fühlte. Die zum Zeitpunkt des Verbrechens erst Zwölfjährige hatte gemeinsam mit ihrer Freundin 19 Mal auf ihre Mitschülerin eingestochen, das Opfer überlebte schwer verletzt. Als Tatmotiv hatte sie bei der Vernehmung angegeben, den Mordaufrag von Slender Man erhalten und ihn schließlich aus Angst ausgeführt zu haben. Eines der beiden Mädchen wurde dazu verurteilt, 25 Jahre in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt zu verbringen, bei ihrer Mittäterin entschied sich sich das Gericht in Waukesha für einen 40 Jahre andauernden Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik. Regisseurin Irene Taylor Brodsky hat den Vorfall sowie den zugehörigen Gerichtsprozess in ihrem Film „Beware The Slenderman“ dokumentarisch aufbereitet.

Im Juni 2014 wurde ein weiterer tragischer Fall publik: Im US-Bundesstaat Ohio hatte ein erst 13-jähriges Mädchen mit einem Küchenmesser auf ihre Mutter eingestochen. Laut den örtlichen Behörden und den Anwohnern, soll der Teenager von der Figur des Slenderman regelrecht besessen gewesen sein. Bei dem Angriff soll das junge Mädchen eine weiße Maske getragen haben. Die öffentliche Debatte um die mysteriöse Figur wurde immer lauter, die Figur geriet zunehmend in die Kritik.

Wer jetzt auch neugierig auf die mysteriöse Figur und den ersten Kinofilm über den „Slender Man“ geworden ist, der kann hier den Trailer anschauen.