Der sechste Film im „Karate Kid“-Filmuniversum steht kurz bevor und bringt zwei Welten zusammen. Doch wie werden „Cobra Kai“-Fans auf den neuen Film reagieren? Eine Meinung.
Mit „Karate Kid: Legends“ erwartet uns der inzwischen sechste Film im „Karate Kid“-Franchise und das erste „Crossover“, bei dem das frühere „Karate Kid“ Daniel LaRusso (Ralph Macchio) auf den Lehrmeister Mr. Han (Jackie Chan) aus dem Solo-Film „Karate Kid“ (2010) trifft, um einem neuen Schüler (Ben Wang) die alten Lehren von Mr. Miyagi beizubringen. Ab dem 29. Mai 2025 könnt ihr im Kino sehen, wie sich Schauspieler Ben Wang als neues Karate Kid schlägt. Zugleich konnte das Franchise dank der Erfolgsserie „Cobra Kai“ in sechs Staffeln die Geschichte von Daniel und seinem einstigen Widersacher Johnny Lawrence (William Zapka) in der Gegenwart weitererzählen. Wie fügt sich der neue „Karate Kid“-Film in die Geschichte? Lohnt sich der Kinogang für die eingefleischten „Cobra Kai“-Fans und wie macht sich Ben Wang als neues Martial-Arts-Wunderkind? All dies verraten wir euch in unserer spoilerfreien „Karate Kid: Legends“-Kritik nach dem Trailer zum Film:
Das erwartet euch in „Karate Kid: Legends“
Lässt sich „Cobra Kai“ Zeit, um seine Charaktere aufzubauen, konzentrieren wir uns in „Karate Kid: Legends“ auf den Werdegang von Li Fong (Ben Wang). Als Kung-Fu-Wunderkind lernte er bereits von klein auf bei seinem Onkel Mr. Han (Jackie Chan) und ließ sich von seinem verstorbenen älteren Bruder einige Tricks zeigen. Im Tod seines Bruders und der holprigen Ankunft in New York City liegt auch bereits der große Spannungsbogen für Li Fong. Im Angesicht von Ungerechtigkeit will er helfen, versteift sich in Konfliktmoment jedoch vor Angst.
Er schließt schnell Freundschaft mit der hübschen und taffen Mia (Sadie Stanley) und ihrem Vater Victor (Joshua Jackson), ehemaliger Boxer und nun Vollzeit-Pizzabäcker. Der Widersacher ist schnell in Connor (Aramis Knight) ausgemacht, einem Karate-Lehrling, der einst wunderbar in die Karateschule Cobra Kai get hätte und wie ein jugendlicher Terry Silver daherkommen könnte. Im Crashkurs lernt Li nicht nur dank Mr. Han worauf es im Karate ankommt, auch das frühere Karate Kid Daniel LaRusso (Ralph Maccio) reist von Kalifornien zum Big Apple, um den Martial-Arts-Kämpfer in Karate zu unterrichten. Auf den Dächern von New York City kommt es beim Five Burrows Turnier schließlich zum Showdown zwischen dem neuen Karate Kid und dem Champion Connor.
– Dieser Artikel spiegelt die Meinung der Autorin wider und nicht zwangsweise die aller kino-de.view2stream.com-Redakteur*innen. –
Verprellt der neue „Karate Kid“-Film die „Cobra Kai“-Fans? Die simple Antwort lautet Ja und Nein. Der Film ignoriert beinah komplett die Erfolgsserie, die die Geschichte von Daniel und Johnny im Erwachsenenalter fortgeführt hat. Und trotzdem dürfen sich Fans auf ein paar kleine Anspielungen und auch einen Cameo freuen, den wir aber an dieser Stelle noch nicht vorweg nehmen wollen.
Der Film ignoriert alles, was in „Cobra Kai“ geschehen ist, für die Entwicklung der neuen Figuren rund um Li, Mia und Victor sind diese Ereignisse jedoch absolut unerheblich. Schmerzlich wird es für eingefleischte „Cobra Kai“-Fans nur bei den wenigen Szenen in Kalifornien und dem Schauplatz von Miyagi-Do. Das Gebäude wird nun scheinbar von Daniel als Wohnort benutzt, es befinden sich keine Schüler*innen im Training und von Daniels erfolgreicher Karriere als Automobilverkäufer und seinem Familienleben merkt man praktisch nichts. Auch, dass eine Szene aus „Karate Kid 2“ nachträglich verändert wurde, um hier eine Freundschaft zwischen Mr. Han und Mr. Miyagi zu festigen, dürfte die größten Fans eventuell sauer aufstoßen.
Doch was macht die Essenz eines guten „Karate Kid“-Films aus? Natürlich. Die Kampfszenen, die Lehrstunden und die Charaktere. In diesen Bereichen kann „Legends“ punkten. Insbesondere die Trainingssequenz zwischen Li und Victor, in welchem der Kung-Fu-Schüler den Boxer mittels Martial-Arts-Training für seinen Boxkampf vorbereitet und die spätere Trainingsmontage mit dem Dreiergespann Chan, Macchio und Wang gehören zu den stärksten Momenten des Films. Dass sich Ben Wang als neues Karate Kid im offenen Casting gegen 10.000 Konkurrenten durchsetzen konnte, verwundert zu keiner Sekunde. Er meistert nicht nur den physikalischen Aspekt seiner Rolle mit Bravour, sondern ist mit Herz und natürlich einigen witzigen agen der emotionale Anker der Geschichte.
Coming-of-Age-Action ohne viel Vorwissen: „Karate Kid“ für Gen Z
Wer mit dem ersten „Karate Kid“-Film vor über 40 Jahren aufgewachsen ist, wird mit „Karate Kid: Legends“ ohne viel Vorwissen seine Freude haben. „Legends“ bietet solides Abenteuerkino mit einer guten Coming-of-Age-Geschichte für die Gen Z. Statt ikonische Lehrstunden über den Kranichkick, wird hier am Subway-Eingang von New York wiederholt an der neuesten Verteidigungstechnik gefeilt. Das Gefühl, dass mit der Umgebung gearbeitet wird, statt krampfhaft am alten festzuhalten, ist erfrischend und spielt den Geist des Franchise wieder. Die neuen Figuren stehen im Fokus und wachsen einem schnell an Herz. Daniel LaRusso ist hier lediglich als Bindeglied zur alten Filmreihe mit dabei.
Wer jedoch in sechs Staffeln „Cobra Kai“ zu jeder Sekunde mit den Figuren rund um Daniel, Johnny, Miguel, Samantha, Robby, Tory, Amanda, Hawk, Demetri, Carmen und natürlich in Abwesenheit auch mit Mr. Miyagi mitgefiebert hat, könnte leider etwas enttäuscht werden. 20-minütige epische Brawls, lang geführte Wiedergutmachungshandlungsbögen und den 80s-Rock-Soundtrack werden hier schmerzlich vermisst, ebenso wie die Soap-würdige Teen-Angst. Wird „Karate Kid: Legends“ nun der Startschuss für eine neue Filmreihe mit Ben Wang sein? Der Film geht seinen eigenen Weg, auch wenn man sich fragt, warum die Reihe noch „Karate Kid“ und nicht einfach „Kung Fu Kid“ heißt. Trotzdem wünscht man sich einen weiteren Teil herbei, allein schon um ein Aufeinandertreffen zwischen Li und „Cobra Kai“-Figuren beiwohnen zu können.
Unter dem Strich bleibt ein solides Kinoabenteuer, dass den Esprit der alten Filme für die Neuzeit adaptiert und nicht viel Vorwissen verlangt. Bei all dem Respekt, den das Team rund um Regisseur Jonathan Entwistle für „Cobra Kai“ im Vorfeld erbrachte, könnte er es sich ausgerechnet mit der „Cobra Kai“-Fanbase verscherzen, da er sie komplett ignoriert.